Gasthaus Immervoll

Motiviert durch die Ausstellung „Im Wirtshaus“ im Wien Museum (zugegeben, das ist schon ein bissl her), viel mehr aber durch das Durchblättern des sehr empfehlenswerten Katalogs zur Ausstellung, bin ich jetzt verstärkt auf der Suche nach Wirtshäusern. Und da ich im eben erwähnten Katalog grade das Interview mit dem Architekten des Immervoll gelesen habe: Was liegt näher, als mit einem anderen „Gern- und Viel-Esser“ dem Immervoll einen Besuch abzustatten.

Erste Überraschung: neue Adresse. Das Immervoll ist im 18. Bezirk zu finden, der Kellner meinte, die Re-Location hätte was mit „statischen Problemen, ausgelöst durch die Umbauarbeiten einer lauten Wohnungseigentümerin“ zu tun. Egal. Mit dem Taxi ist es gut erreichbar.

Das Lokal wirkt freundlich aber doch noch Gasthaus-artig. Die Ess-Tische stehen entlang der vertäfelten Wand und holen (sitzplatzseitig) das meiste aus den gegebenen örtlichen Bedingungen heraus. Links, nach dem Eingang, gibt es 2 Hochtische und die Schank. Mit klassischem Kühlmöbel. Ob das hübsch renoviert oder detailgetreu nachgebaut ist…ich trau es mich nicht zu sagen.

Da wir ein bisschen abseits der durchschnittlichen Essenszeiten ins Lokal kamen, war nur ein Tisch besetzt, die Erzählungen des Kellners und das durchgängige Läuten des Telefons („…2 Personen? Raucher? 18:00? OK“) lassen aber von durchaus ansprechender Auslastung ausgehen. Sollte man also zu konventionellen Gasthauszeiten Lust verspüren, dort reinzurauschen: anrufen.

Gegessen haben wir durchaus gutbürgerlich:

Vorspeisen: Beef Tartar (nicht überwürzt, frisch, gut) und Rindermark auf Toast (wo kriegt man das sonst noch?). Letzteres wird im Immervoll aus extra gekochten Knochen geholt und nicht aus den Knochen, die in der Suppe schwimmen. Scheinbar hat das seinen Grund im niedrigen Schmelzpunkt von Mark, das bei nur 70-80 Grad geköchelt werden will, ohne sich aufzulösen.

Hauptspeisen: Mein Essgefährte hat sich an einem Wiener Schnitzl gütlich getan. Kalb, eh klar. Ich ess es zwar auch sehr gern, er ist aber geradezu fanatisch, was das Kalb angeht. Ich glaube ihm also jedes Wort, wenn er sagt, dass es hervorragend war. Ich habe mich dem panierten Kalbskopf gewidmet. Es ist schon Ewigkeiten her, als ich einen Kalbskopf gegessen habe, und scheinbar war er damals auch nicht so gut…dieser hier war ein Traum. Warum er allerdings in Form zweier geometrisch perfekter Dreiecke daher kommt, kann ich auch nicht abschätzen.

Nachspeise: Dieses Kapitel haben wir, angestachelt durch das hervorragende Vorspiel, nicht ganz klassisch interpretiert und uns ein Kalbsrahmherz geteilt. Irgendwie hatte ich Herz anders, ganz anders in Erinnerung. Fehler. Die Konsistenz ist eigentlich der der Rinderzunge nicht unähnlich, feinfasriges, zerfallendes Fleisch also. Die Sauce war…passend. Eigentlich fast ausschliesslich püriertes Gemüse mit Rahm. Wenn man sowas noch nie gegessen hat, ist dieses Gericht durchaus in der Lage, jedes Vorurteil, Innereien gegenüber, ins Gegenteil zu verkehren.

Mit dem Einen oder Anderen Bier und Spritzwein kamen wir auf eine Rechnung von Rund 75 Euro. Nicht übertrieben. Ganz und gar nicht, bei der Qualität….aber halt auch nix für jeden Tag (wobei ich gestehen muss, dass wir ganz gut bedient aus dem Lokal wankten…Hunger und Durst waren uns für ein Zeitl recht fremd)

Wäre das Immervoll nicht so weit abseits meiner ausgetretenen Wege, ich würde es sehr gerne sehr viel öfter besuchen. So muss ich aber leider befürchten, dass es eine einmalige Sache bleiben wird… Ok, das überdenk ich nochmal.

Gasthaus Immervoll

http://www.gasthaus-immervoll.at/

Bischof Faber Platz 8, 1180 Wien

Tel. +43/1/8040731

Speisekarte

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