Ich Sau im Sa(a)l

Der güldene Herbst ist vorbei, der grausliche Herbst beginnt (ok, es ist Dezember, man könnte auch fast schon „Winter“ sagen)

Die Auswahlmöglichkeiten für eine feine Wochenend-Destination sind somit eigentlich, also EIGENTLICH, aus meiner Sicht, durchaus gering. Therme hier, Therme da. Eigentlich. Denn eigentlich gibt es dann auch noch eine Kategorie des „Wochenendverschwindibus“ die ich so jetzt nicht auf dem Radar hatte: das Winzerhotel. Ein Winzerhotel, und ob es die Kategorie überhaupt gibt: ich weiß es nicht, zeichnet sich durch eine geografische Nähe zum Weinberg und eine thematische Nähe zum Wein aus. So zumindest meine Definition.

Also, der Kollege hats empfohlen, ab zum Weingartenhotel Harkamp bei St.Nikolai im Sausal. Der/ Die/ Das Harkamp liegt, von Wien kommend (man kann natürlich auch von wo anders kommen, aber: warum sollte man?) irgendwo jenseits von Graz. Die Anfahrt erfolgt über die A2 und dann über immer enger werdende Straßerln. Bis man dann vor einem, auf einer Anhöhe thronenden, alten…Ding steht. Die Beschreibungen, sowohl persönlich als auch auf der Website, zeichneten da dann doch eigentlich ein ganz anderes Bild, dachte ich, als wir ums Eck in Richtung Rezeption bogen. Weil so aufregend ist das hier nun auch wieder ni…öha:

Das Eck hinter uns lassend bietet sich ein Blick auf

a) das ganze Tal (man thront ja)

b) einen liebevoll-chaotischen Garten inmitten exaktest getrimmter Reben und

c) einen wunderschönen, modernen Hotelzubau.

Was sofort auffällt: Das Hotel fügt sich in die Landschaft ein, dass es eine Freude ist. Wenn es nicht so fesch modern wäre, man könnte meinen, es war immer schon da. Angerostet, hölzern, kubisch. Clean und vintage, irgendwie.

und wenn man dann davor steht...noch besser

und wenn man dann davor steht…noch besser

Erster Schritt: Rezeption.
Begrüßt wurden wir durch Heinz oder Hannes Harkamp. Ich möchte nicht ausschließen, dass es noch einen dritten Ersatzbruder gibt, der genauso aussieht. Einer der beiden ist der Hotelier, einer ist der Winzer. Wären sie in dieser Situation neben einander gestanden: vielleicht hätten wir sie unterscheiden können. Kurz wurde uns unser Package erklärt: am Abend (was auch immer wir als „Abend“ definieren, vor 21:00 Uhr, hat man uns gebeten, wäre es fein) gibt’s ein 4-Gänge Menü. Frühstück gibt’s bis 11:00 am Buffet. Sollte man, aus unerfindlichen Gründen (wer hat hier WEIN gesagt?) 11:00 nicht schaffen: kein Problem: bis 21:00 wird das Frühstück, gratis, ans Be…ins Zimmer geliefert. Achja, und wenn der Durst kommt: die Weine sind inkludiert (in unserem NIX TUN TICKET).
Dergestalt informiert kann man, ausgestattet mit einem Flascherl Sprudel, das Zimmer inspizieren. Und das Zimmer kann was: Fensterfront ins Tal, offenes Bad, riesen Dusche, Sensationsterrasse (ebenfalls: Blick übers Tal). Es gibt auch, und das werden wir das nächste mal buchen, die Zimmervariante „Badewanne auf der Terrasse“.

Zimmer. Mit Aussicht. Und was für einer.

Zimmer. Mit Aussicht. Und was für einer.

Zweiter Schritt: Abendessen
Das Abendessen…das Abendessen. Man kann ganz sicher in Wien besser essen. Fancier. Aufregender. Spannender. Moderner. Aber nur graduell, denn: einer der beiden Harkamp-Brothers versteht sein Handwerk. Erste Herausforderung: einmal vegetarisch, einmal bitte das Gegenteil. Uninspirierte Köche würden halt die Vegetarierin zur Beilagenesserin verkommen lassen. Nicht hier. Was wir alles gegessen haben: ich weiß es nicht mehr (genau). Dabei waren: der knusprigste Speck meines Lebens, ein Weinsüppchen mit Zimt (ich mag Suppen nicht… ich mag Suppen nicht… könnt ich noch so eine Suppe haben?), ein Styria-Beef Hüferlschwanzerl zur Perfektion gebraten, selbstgenudelmaschinte Tagliatelle mit Kürbis und Kohlsprossen, die ich ja eigentlich nicht mag und trotzdem mit Freude gegessen habe, eins der besten Beef Tartars der Welt und eine Zitronentarte die… „oh mein Spaghettimonster“ war. Dazu reicht der junge Kellner (Variante: rotzfrech, sehr kompetent und zum Mitnehmen fein) den passenden Wein, wenn man das denn möchte. Wir wollten zwar schon, dann aber wieder nicht, weil: wenn mal einer schmeckt, dann schmeckt er halt auch weiterhin…

Kürbis schläft auf einem Bett von handgenudelten Nudeln

Kürbis schläft auf einem Bett von handgenudelten Nudeln

Dritter Schritt: Das Frühstück
Wenn der Wein gut und die Entspannung groß ist: kann es sein, dass man es nicht zum Frühstück schafft. Da sich das Harkamp auf seine nicht existierenden Fahnen die Entspannung seiner Gäste heftet, kommt das wahrscheinlich öfter vor. Heißt: Am Zimmer findet sich ein Zetterl mit allem, was man so frühstücken wollen könnte. Neben den Getränkeoptionen Kaffee, Tee (in unüberblickbarer Sortenvielfalt) und Säften kann man, man möchte fast sagen „natürlich“, auch Sprudel ankreuzen. Und ja, ich meine Perlwein, nennen wir ihn mal so. Und auch sonst ist eigentlich alles da, was man sich wünschen kann. Wir waren, man hat ja frei und es war ja bereits eher 12 Uhr, dann doch etwas…hungrig. Kein Thema: 2 Damen brachten innert kürzester Zeit eine Vielzahl von Tabletts: Alles da, alles frisch, alles großartig gut. Wo wir das Zeug allerdings bei weniger kaiserlichem Wetter (wir saßen, Anfang Dezember, auf der Terrasse in der Sonne im T-Shirt, dank der perfekt ausgerichteten Terrasse) hingestellt hätten: i don’t know.

es war noch mehr und es war noch sonniger...

es war noch mehr und es war noch sonniger…

Vierter Schritt: Der Wein
Ich bin kein Sommelier. Ich trinke gerne Wein und war in erfreulich kompetenter Begleitung. Das Urteil, wenn es denn eines solchen bedurfte, kann nur lauten: mehr davon! Sicherheitshalber haben wir einen kleinen 6er Karton mitgenommen. Man weiß ja nie.

Fünfter Schritt: we like
Wir haben uns, auf Empfehlung des Kollegen, für das NIX TUN TICKET entschieden. Und mit fast schlechtem Gewissen ausgecheckt: Das Gebotene ist so überproportional genial, die Weine so gut, die Menschen so nett, das Essen so delikat, der Wein so…da (und auch gut), dass es eigentlich eine Frechheit ist, nur ein bissl was über 200 Euro pro Person für 2 Nächte dafür zu zahlen. Und das ist jetzt keine großkopferte Koketterie des Wieners. Das ist einfach große Freude.

 

Info und Zeugs: www.harkamp.at

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